Kommen und Bleiben gestalten

Workshop mit Exkursion am 21. und 22. November 2024 in Cottbus

Programm (PDF, 591 KB)

Landleben ist im Trend – nicht allein in Hochglanzmagazinen oder TV-Formaten, auch statistisch zeichnet sich ab: es ziehen wieder mehr Menschen in die ländlichen Räume. Kommunen und Unternehmen stellt dies vielerorts vor die Heraus-forderung, attraktive Wohn- und Arbeitsangebote zu schaffen, die diesen Trend verstetigen. Gleichzeitig gilt es, Bedürfnisse und Gestaltungsansprüche von Zuziehenden lokal zu integrieren und ein gemeinschaftliches Zusammenleben vor Ort zu organisieren.

In Kooperation mit dem Bundesnetzwerk der Rückkehr- und Zuzugsakteure Hüben & Drüben lud die DVS dazu ein, diese Herausforderungen auf der Veranstaltung "Kommen und Bleiben gestalten" eingehender zu diskutieren. Im Austausch mit Akteuren aus Wissenschaft und Praxis wurden unterschiedliche Facetten und Zusammenhänge des An- und Zurückkommens sowie des Bleibens in ländlichen Räumen beleuchtet. Im Fokus standen dabei auch zielgerichtete Unterstützungsmöglichkeiten, die es ländlichen Regionen erleichtern können, Menschen langfristig auf dem Land zu halten. 

Gehen, Kommen und Bleiben ganzheitlich betrachten 

Den Auftakt zum Workshop machte Dr. Tim Leibert vom Leibniz-Institut für Länderkunde e. V., der in seinem Keynote-Vortrag aktuelle Trends des Wanderungsverhaltens in ländlichen Räumen aufzeigte und ihre Tragweite für die Gestaltung der lokalen Lebensverhältnisse einordnete. Dabei zeigte sich die Selektivität von Wanderungen einzelner Gruppen – beispielsweise die weiterhin überdurchschnittlich starke Abwanderung junger Frauen aus ländlichen Regionen.

Ein weiteres Augenmerk lag auf den Wirkmechanismen regional vorherrschender Abwanderungserzählungen. Durch diese werde das Weggehen aus ländlichen Regionen über Generationen hinweg zum Normalfall stilisiert, wohingegen das Bleiben entsprechend als biographischer Makel erscheine. Akteure der Regionalentwicklung ständen damit vor der komplexen Aufgabe, die Zusammenhänge struktureller und kultureller Faktoren von Abwanderung und Zuzug zu erkennen und zielgruppenspezifisch zu bearbeiten. 

Für eine solche ganzheitliche Betrachtungsweise sprachen sich auch Jan Schametat der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen und Dr. Julia Gabler der Hochschule Zittau/Görlitz aus, die in ihren Beiträgen nochmals im Speziellen auf die Bleibeperspektiven von Jugendlichen beziehungsweise Frauen in ländlichen Räumen eingingen. Hierbei wurde ebenso deutlich, dass eine langfristig erfolgsversprechende Bearbeitung der Frage "Gehen oder Bleiben" mit der Etablierung eines breiten Netzwerkes aus Kommunen, Unternehmen, Regionalmanagements et cetera einhergehen müsse. 

Diesen Punkt bekräftigte auch Karin Gottfried vom Bundesnetzwerk der Rückkehr- und Zuzugsakteure Hüben & Drüben in ihrem Kommentar zu den vorangegangenen Beiträgen. Gleichzeitig hob sie hervor, dass auch der überregionale Austausch, wie er bei Hüben & Drüben angelegt ist, wichtige Impulse für die eigene Arbeit vor Ort liefere.

In diesem Sinne setzten im weiteren Verlauf drei Projektbeispiele aus Brandenburg und Sachsen praktische Impulse: 

Kerstin Geilich von MuT - Marketing und Tourismus Guben e. V. berichtete von der Aktion "Probewohnen in Guben". Bei dieser zogen Interessierte im Sommer 2024 zeitweise in die Stadt und lernten in Begleitung der Willkommensagentur "Guben tut gut" ihr potentielles Arbeits- und Lebensumfeld kennen. Das Resümee: einige der Probewohnenden hätten sich für ein Leben in Guben entschieden. Das große Medienecho sorge zudem für weitere Anfragen, sodass eine Fortsetzung der Kampagne geplant sei.

Helen Bauer stellte die Aktivitäten der Nestbau-Zentrale Mittelsachsen vor, die neben der individuellen Beratung von Zuzugsinteressierten einen Fokus auf das Thema ländliches Bauen legt. Dabei sei vor allem die Vermittlung von regionaler Baukultur und des damit in Verbindung stehenden Handwerks wichtig. "Wer baut, der bleibt" war somit nicht nur der Titel des Vortrags, sondern stellt ein grundlegendes Credo der Nestbau-Zentrale dar.

Isabell Poneß und Solveig Schaal von EGC Entwicklungsgesellschaft Cottbus mbH skizzierten in ihrem Vortrag die Leitlinien der Fachkräfte- und Imagekampagne "Boomtown Cottbus". Sie verwiesen auf die Vielfältigkeit der Zielgruppen, die die Kampagne adressiert und unterstrichen abermals die Bedeutung zukunftsorientierter Narrative für die Ansprache dieser Gruppen.

Der Nachmittag stand ganz im Zeichen der gemeinsamen Diskussion. Während einer kurzen Arbeitsphase diskutierten die Teilnehmenden in Kleingruppen Fragen zum Verhältnis von Wissenschaft und Praxis, zu den Potentialen und Ressourcen von Zuzug und Rückkehr sowie zu Aspekten der Kooperation und Konkurrenz von Zuzugsinitiativen. 

Die gesammelten Eindrücke dienten nicht zuletzt als Impulse für die abschließende Podiumsdiskussion. In dieser ließen Dr. Julia Gabler (HSZG), Sven Guntermann (Generationen gehen gemeinsam (G3) e. V. / LAG Elbe-Elster), Dr. Tim Leibert (IfL) und Hannah Wagner (Regionalrat Wirtschaft Rhein-Hunsrück e. V.) die Eindrücke des Tages Revue passieren und stellten insbesondere drei Punkte heraus:

  1. Abwanderungs-, Zuzugs- und Bleibeperspektiven in ländlichen Räumen sind wesentlich durch strukturelle und kulturelle Faktoren geprägt;
  2. für die Bearbeitung dieses Themenfeldes braucht es daher ganzheitliche Konzepte, die bereits deutlich vor der eigentlichen Entscheidung über das Gehen, das Zurückkommen oder das Bleiben ansetzen;
  3. ein solch ganzheitlicher Ansatz kann nur in einem breiten Netzwerk umgesetzt werden.

Mit Zurückgehkehrten und Dagebliebenen ins Gespräch kommen

Am zweiten Tag bot eine halbtägige Exkursion in Richtung Spremberg die Möglichkeit, die Arbeit von Zuzugsinitiativen und -projekten näher kennenzulernen so-wie mit Zurückgehkehrten und Dagebliebenen vor Ort ins Gespräch zu kommen.

So berichtete Steffi Dubrau lebhaft von den Erfahrungen ihrer Rückkehr nach Groß Döbbern und der Bedeutung, die der soziale Status "Rückkehrerin" für das Leben und die ehrenamtliche Arbeit im Dorf hat. Zudem zeigte sie einige der lokalen Projekte, die in den letzten Jahren, auch mit der Unterstützung durch LEADER, umgesetzt werden konnten.

Im Anschluss empfing Konditormeisterin Sandra Jäckel die Exkursionsgruppe in ihrem Café in Sellessen/Spremberg. Im Dialog mit Anja Guhlan von der Zuzugsinitiative "Heeme fehlste!" sprach sie über die örtlichen Unterstützungsangebote für Zuzugsinteressierte und hob hervor, dass der Austausch im Netzwerk der Zuzugsinitiative auch für Dagebliebene von großem Wert sei.

Im Dock3 Lausitz, dem Gründungszentrum im Industriepark Schwarze Pumpe, bot sich zum Abschluss des Tages nochmals eine andere Perspektive. Hier stellte Enrico Rein vom ASG Spremberg Zukunftsprojekte des Industrieparks und dessen Rolle in der Fachkräftestrategie der Wirtschaftsregion Lausitz vor, während Robin Sauer von der Präsenzstelle Spremberg die Arbeit der Präsenzstellen der Hochschulen des Landes Brandenburg erläuterte.

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