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Jugendliche erkunden ihr Dorf. Ziel ist die Entwicklung kinder- und jugendfreundlicher Gemeinden. Bild: Landesjugendpfarramt der Evangelischen Kirche der Pfalz
10.07.2014
Landesjugendpfarramt der Evangelischen Kirche der Pfalz
Unionstraße 1
67657 Kaiserslautern
Ingo Schenk
Telefon: 0631 / 36 42 018
E-Mail: schenk@evangelische-jugend-pfalz.de
nein
Die Finanzierung erfolgt zu 45% von der Evangelischen Kirche der Pfalz / Landesjugendpfarramt und zu 55% LEADER (ELER Schwerpunkt 4, Umsetzung Leader-Konzept).
01.04.2014 bis 30. Mai 2015
Im Rahmen der Initiative "Evangelische Jugend vor Ort" geht es um die Entwicklung kinder- und jugendfreundlicher Gemeinden. Ziel ist es, die Beteiligung von Jugendlichen zu stärken.
Ausgangspunkt ist die Erkundung des sozialen Raums, in dem die Jugendlichen wohnen. Sie sollen so die Geschichte ihrer Heimat hautnah erfahren. Hierzu werden die Jugendlichen zu Dorfraum-Pionieren qualifiziert.
Das Dorf verliert bei den Jugendlichen an Boden
Immer weniger Jugendliche interessieren sich in den letzten Jahren für ihren unmittelbaren Lebensraum Dorf. Das hat mehrere Ursachen: die Ganztagsschule lässt immer weniger Zeit für das Dorf übrig; das dauernde Unterwegssein frisst zudem viel an Freizeit; die Kommunikation über die Sozialen Netzwerke hat im Alltag häufig die direkte Kommunikation untereinander ersetzt.
Das heißt, für immer mehr Jugendliche wird nicht nur die im Dorf verbrachte Zeit immer kürzer, sondern für viele verliert das Dorf auch als unmittelbarer Lebensmittelpunkt an Boden. Das "ständige Unterwegssein und niemals zu Hause" lässt das Dorf und die Dorfwahrnehmung immer unschärfer werden. Der unmittelbare Ort gerät aus dem Blick und damit allmählich auch aus dem Sinn.
Dies hat massive Folgen, denn ein Ort, der nicht mehr richtig erlebt wird, verliert seine Wertigkeit im Alltagsleben. Damit schwindet das Interesse, sich mit seinem Dorf intensiv auseinanderzusetzen, denn es spielt für die eigene Zukunftsplanung keine wichtige Rolle mehr.
Die berufliche Karriereplanung, das Wegziehen zur Ausbildung und zum Studieren, die verbesserten beruflichen Chancen durch den Fachkräftemangel, die neue kulturelle Attraktivität der Städte als Mode-, Werbe- und Medienort, der Wunsch, die kulturellen Defizite des Landlebens nun in den Städten nachzuholen, führen zu einem immer breiter werdenden "Hinaus-Sog" unter den Jugendlichen. Die Lebensorientierung gilt nicht mehr dem Ort, sondern wird immer stärker metropolitan und global.
Dorferkundung
Friedhöfe, Denkmäler, Alltagsgeschichten, Bebauung und Mobilitätsanforderungen verraten viel über das Dorf und die Themen, die seine Bewohner beschäftigen. Dies halten die Jugendlichen schriftlich oder fotografisch fest und erschließen sich so die soziohistorische Einbettung des Dorfes.
Entscheidend ist dann die Frage, warum die Menschen im Dorf so sind, wie sie sind, und vor welchen Herausforderungen sie im Alltag stehen. In der Folge treffen sich die Jugendlichen mit geschulten Gemeindemitarbeitern, um anhand der gewonnenen Erkenntnisse Maßnahmen vor Ort zu planen und sich aktiv in Gestaltungsprozesse einzubringen.
Mit der inhaltlichen Durchführung wurden zwei Projektbüros beauftragt Pro Provincia mit Alber Herrenknecht und Institut für Professionalisierung und Qualifizierung pädagogischer Praxis (IPQ) mit Prof. Bernhard Haupert.
Anleitung zur Reflexion
Nach der Erkundungsreise durch ihr Dorf setzen sich die Jugendlichen zusammen und schildern ihre Erlebnisse. Unter fachlicher Anleitung wird gemeinsam versucht, die entdeckten Phänomene zu verstehen. So wurde in einem Beispiel erklärungsbedürftig, warum in einem Neubaugebiet die Straße zum Teil gepflastert und zum Teil asphaltiert war. Bereits hier zeigte sich die Fraktionierung des Dorfes und die Schwierigkeit der Bürger, eine Einigkeit selbst in kleinsten Alltagsdingen zu erzielen.
Theorien in die Debatte einzubringen, kann zur Erhellung beitragen. So hatte eine Jugendliche im Rahmen einer Beschreibung des Sozialraums erzählt: "Der Zug trägt meinen Alltag in die Stadt" , was in der Literatur als "urbanisiertes Bewusstsein" beschrieben wird. Die Theorie half zu verstehen, dass Jugendliche mit städtischen Erwartungen und Sichtweisen in ihr Dorf zurückkommen, die das Dorf nicht erfüllen kann.
Veränderungen erreichen und Identifikation erleben
In Diskussionen / Bürgergesprächen mit Entscheidungsträgern vor Ort bringen die Jugendlichen ihr erarbeitetes Wissen ein, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Wichtig ist dabei die Zusammenarbeit von Kirche, Politik, Vereinen und Interessengruppen.
Im Gespräch können Vorurteile und Gründe für Differenzen zwischen den Generationen offen gelegt und durch das gegenseitige Kennenlernen gemindert werden. Geschichten als lebendiges und kollektives Dorfwissen werden so in direkten Begegnungen vermittelt und tragen dazu bei, den Wert des Lebens im Dorf wieder ins Bewusstsein zu rücken. Die Jugendlichen gelangen zu einer neuen und gefestigten Wahrnehmung ihres Dorfes.
Durch das neue Wissen über die unbewussten, jedoch den Alltag bestimmenden Strukturen, wird die Identifikation entscheidend gestärkt. Jugendliche nehmen sich nicht nur selbst als Experten ihres Wohnortes wahr, sondern erhalten durch das Projekt auch einen Status vor Ort und beteiligen sich tatsächlich.
Das eigene Dorf als selbst-gestaltbaren Sozialraum erleben
Über die Selbstaneignung des Dorflebens finden die Jugendlichen zurück in und zu ihrem Dorf und lernen es nun als einen Raum für eigene Möglichkeiten erkennen. So entsteht eine neue Ortsidentität, die dafür entscheidend sein kann, ob Jugendliche in ihrem Dorf eine Zukunft sehen und ob sie auch bei einer ausbildungs- oder studiumsbedingten Abwanderung wieder zurückkehren wollen. Das "selbstentdeckte" Dorf bleibt ein wichtiges Motiv bei dieser Lebensentscheidung.
Das Projekt ist die Fortführung der Maßnahme DORF-LEBEN.